Bienenschutz mit rassischen Untertönen

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noahnesha
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Bienenschutz mit rassischen Untertönen

Bienenschutz mit rassischen Untertönen

BienensBienenschutz mit rassischen Untertönen

Wie schützenswert ist die
heimische Carnica-Biene? Das wird von Bundesland zu Bundesland anders
ausgelegt. In Salzburg dürfen Imker auch mit anderen Rassen arbeiten. In
Kärnten sind alle anderen Bienenarten verboten. 17
Honigbauern setzten dennoch auf die Buckfast-Biene – und stehen nun
deswegen vor Gericht. Sie sprechen von Wettbewerbsverzerrung.

In Kärnten stehen am Donnerstag 17
Erwerbsimker vor Gericht. Eine stichprobenartige Untersuchung der
Landesregierung hat belegt, worum die 17 nie ein großes Geheimnis gemacht
hatten: Sie haben gegen das besonders restriktive Kärntner
Bienenschutzgesetz verstoßen, das die Züchtung anderer Bienen als der heimischen
Carnica untersagt. Sie setzen auf die englische Buckfast-Biene. Das Land hat
das untersagt, jetzt kämpfen die Imker vor dem Verwaltungsgericht für ihre
Völker.

Einer von ihnen ist Norbert
Truppe, stellvertretender Standesobmann des Kärntner Berufsimker. Er
rechnet mit einem langen Verfahren. Bei einer Verurteilung müsste er einen
großen Teil seiner Völker eliminieren. Truppe sagt:

Wenn es so weit kommt, dann werde ich die Bienen
auf einem öffentlichen Platz vernichten, damit jeder mitbekommt, was hier
passiert.

Carnica versus Buckfast

In den meisten anderen
Bundesländern hat der Gesetzgeber kein Problem mit der Buckfast-Biene, die
– nach Ansicht mancher Experten – mehr Honig produziert und
weniger anfällig für Schädlinge ist. Doch in Kärnten, der Steiermark und
Niederösterreich steht die Carnica unter besonderem Schutz.

Dahinter steckt der Wunsch nach
Artenreinheit. Das Genmaterial der in Südösterreich und Slowenien
heimischen Biene soll um jeden Preis konserviert werden, die Politik
will verhindern, dass sich die Carnica mit anderen Bienen paart. De facto heißt
das, dass Imker in diesen drei Bundesländern keine andere Biene halten
dürfen.

Truppe sieht darin Wettbewerbsverzerrung.
Mit der vor mehr als hundert Jahren aus England importierten
Buckfast-Biene habe er als Imker weniger Arbeit. „Natürlich nehme ich dann
diese Biene, sonst kann ich als Unternehmer kaum überleben.“

Seine Imkerei produziert jährlich 15
Tonnen Honig, er beschäftigt drei Angestellte. „Wie soll ich mit Rumänien oder
Spanien mithalten können, wenn ich schon gegenüber den Imkern in anderen
Bundesländern benachteiligt bin?“, fragt Truppe.

Gerhard Hoffer, der als zuständiger
Abteilungsleiter im Amt der Kärntner Landesregierung
das Verfahren gegen die 17 Imker initiiert hat, will keine Wertung
abgeben. „Tatsache ist, dass es das Gesetz gibt und wir den Auftrag haben, es
zu vollziehen“, sagt er.

Doch auch er gesteht ein, dass das
Ziel der Artenreinheit unerreichbar bleibt. „Bienen fliegen über die Grenze,
man kann keinen Glassturz über sie stülpen.“

„Die Natur kennt keine Rassen, nur die
Politik“

Das ist die Hauptkritik des
österreichischen Erwerbsimkerbundes an den Carnica-Schutzgesetzen.
Präsident Josef Stich sagt:

Ich bin überzeugt davon, dass 80 Prozent der
Kärntner Imker keine reinrassigen Carnica-Bienen haben.

Stich hat wenig Freude mit dem
politischen Ziel der Artenreinheit. „Rassengesetze sind immer ideologisch
hinterlegt“, sagt er. Er glaubt, dass es kein Zufall sei, dass die
Vorgabe zur Erhaltung eines möglichst reinen Bienen-Genpools
historisch von den Nazis besonders vehement vertreten wurde. „Das ist ein
Idealzustand, den die Politik herbeisehnt. Die Natur kennt keine Rassen“,
sagt er.

Der oberste Erwerbsimker würde
sich etwas mehr Lockerheit im Umgang mit den verschiedenen Bienensorten
wünschen. Und eine bundesweit einheitliche Regelung: „In der Praxis sind die
Vorgaben nach Artenreinheit für Imker schwer bis gar nicht einzuhalten.
Niemand kann ausschließen, dass eine steirische Bienenkönigin zur
Begattung ins Burgenland fliegt.“

Im Übrigen ärgert sich der
Niederösterreicher Stich darüber, dass die Carnica-Biene in seinem Bundesland
als autochton bezeichnet wird.

Im Waldviertel war ursprünglich die dunkelschwarze
Mellifera-Biene heimisch. Aber sie wurde inzwischen von den Carnica-Imkern fast
ausgerottet.



QUELLE: https://nzz.at/s/MRJR3-3lqe2/